Dienstag, 24. Juli 2007

Besuchs Etikette

Nachdem wir ja schon chinesischen Besuch empfangen und die notwendigen Grundregeln gelernt hatten, hatten wir neulich das Erlebnis der umgekehrten Art: wir waren von einer Arbeitskollegin Ninas eingeladen worden.

Unser Ratgeber in der Not war -wie meistens- unsere Chinesischlehrerin. Und sie gab uns erst mal folgende Verhaltensregeln:
  • Wenn es public Chopsticks gibt, was bei Besuch oft üblich ist, dann werden diese benutzt um das Essen von den Schalen auf den eigenen Teller zu nehmen.
  • Man sollte sich nicht über den Tisch beugen um weit entfernte Sachen zu greifen.
  • Kuchen wäre ein wunderbares Mitbringsel, weil die Chinesen meist keinen Ofen haben und auch nicht selber backen.
  • Man darf auf keinem Fall sofort nach dem Essen wieder aufbrechen, das gilt als unhöflich.
  • Nach dem Essen wird meist Fernsehen geschaut! Auch oder gerade wenn Besuch da ist.
  • Wenn man gegen 18:00/19:00 Uhr eingeladen ist, dann wäre 21:00/21:30 eine gute Uhrzeit zu gehen!
So gerüstet konnte der Abend also kommen, und Nina hatte natürlich einen (Schoko-) Kuchen gebacken, den wir mitgenommen haben. Auch war klar, dass es Essen geben würde, weil wir uns ja direkt nach der Arbeit treffen wollte.

Nina hatte die Arbeitskollegin und ihren Mann von der Arbeit aus mitgenommen, und die erste Schwierigkeit ergab sich bei der Navigation. Es wurde nicht gesagt "gleich müssen wir rechts abbiegen", sondern während man auf der linken Spur fuhr, wurde einem leicht zugeflüstert, dass man hier rechts abbiegen sollte. Aber so fahren ja alle hier, da fällt das nicht weiter auf.

Bei den Beiden zu Hause angekommen, das wichtigste zuerst: die Schuhe ausziehen. In der (3-Zimmer) Wohnung lebten ausser den Beiden noch seine Eltern. Die hatten auch bereits das gesamte Essen vorbereitet, und der Vater stand stolz mit schwarzer Hornbrille und hochgezogenem Unterhemd in der Küche am Wok. Sie hatten 7 verschiedene Gerichte aufgefahren und dazu gab es kaltes (!) Bier aus Pappbechern.

Die Sachen waren alle lecker und keines davon so scharf, dass wir es nicht vertragen hätten. Mit Händen und Gesten haben wir dann auch versucht mit den Eltern ein wenig zu kommunizieren, viel mehr als ein hao chi (das Essen ist gut) ist aber wohl nicht rausgekommen. Sie haben sich köstlich darüber amüsiert, dass ich die Stäbchen mit links halte. Der Geräuschpegel beim Essen war -sagen wir mal- leicht erhöht durch Schlürfen und Schmatzen. Der Vater hat immer fleissig Bier nachgeschenkt, sobald man nur einen Schluck genommen hatte. Zum Schluss gab es dann auch den Reis, und natürlich war so viel übrig, dass man nochmal 6 Leute davon hätte satt bekommen können.

Als alle fertig gegessen hatten, wurde der Tisch abgeräumt (von den Eltern) inkl. dem Rest Bier, der noch im Pappbecher war! *schnief*

Dann entschuldigten die Beiden sich, dass sie noch keinen Fernseher hätten, und man nun kein TV gucken könnte. Statt dessen sind wir auf den Balkon, und vom 19. Stock hat man einen schönen Blick über den südlichen Teil Chongqings. Derweil hatte die Mutter Wassermelone aufgeschnitten, und die (also die Melone) gab es dann zu naschen. Bier wurde nun keines mehr ausgeschenkt - entweder man trank Tee, Limo oder nix! Nach einer Weile wurd dann auch Ninas Kuchen angeschnitten. Die Beiden haben haben auch davon gegessen, aber die Eltern wollten ihn gar nicht probieren.

Und gegen 21:30 sind wir dann wirklich aufgebrochen und nach Hause gefahren.

Nachher mussten wir unserer Chinesischlehrerin noch erzählen, wie es denn war, und haben sofort einen Rüffel bekommen, weil wir nicht alles probiert hatten, was aufgefahren wurde. Aber das hatte sie uns vorher auch gar nicht mit auf den Weg gegeben.

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